Strafrecht

Archiv: Strafrecht

Strafbefehle sind zu übersetzen

Der Europäische Gerichtshof hat in diesem Monat entschieden, dass Strafbefehle in die Sprache des Betroffenen zu übersetzen sind, da er ansonsten an der Ausübung seiner Verteidigungsrechte gehindert wird. Die alleinige Übersetzung der Rechtsbehelfsbelehrung in die Sprache des Betroffenen, wie es die meisten Amtsgerichte bisher gehalten haben, reicht jetzt nicht mehr aus. Im Fall den der Europäische Gerichtshof zu prüfen hatte, wurde gegen einen niederländischen Autofahrer ein Strafbefehl wegen Unfallflucht erlassen, der hiergegen Einspruch erhoben hat. Das Landgericht Aachen hatte sich zuvor mit der Frage zu beschäftigen, ob der Einspruch vom Betroffenen fristgemäß erhoben wurde, ob der Fristlauf mit Zustellung des Strafbefehls aufgrund der fehlenden Übersetzung überhaupt begonnen hatte und legte die Frage dem Europäischen Gerichtshof vor.

In seiner Entscheidung führte der EuGH aus, dass Strafbefehle „wesentliche Unterlagen“ im Sinne des Art. 3 der EU-Richtlinie 2010/64 über das Recht auf Dolmetschleistungen und Übersetzungen in Strafverfahren sind.

Art. 3 der Richtlinie besagt zunächst, dass wesentliche Unterlagen Anklageschrift und Urteile sind. Da bei einem Einspruch der Strafbefehl jedoch die Anklageschrift ersetze, gilt dieser ebenso als wesentliche Unterlage im Sinne der Richtlinie. Denn diese zielt gerade darauf ab, dass jeder Beschuldigte so zu unterrichten sei, dass er sich gegen die erhobenen Vorwürfe verteidigen kann. Dies wurde dem Niederländer aufgrund der fehlenden Übersetzung verwehrt.

Rechtsanwalt Hannes Wilhelms, Strafverteidiger